Grundlagen der Besteckrechnung

Entfernungsbestimmung ist kein Problem, solange in einer Seekarte navigiert wird.

Wir haben alle im Navigationsunterricht gelernt, dass Distanzen mit dem Zirkel entnommen und an den Breitengraden links und rechts am Kartenrand abgelesen werden – ein Breitengrad entspricht 60 sm.

Doch wie sieht es aus, wenn sich die Distanzen über den Kartenrand hinaus bewegen?

Bis zu einigen hundert Meilen ist das Mittelbreitenverfahren genau genug; bei diesem Verfahren wird davon ausgegangen, dass auf einer Loxodrome (altgriechisch: falscher Lauf) – einer Linie mit gleichem Kurs – gefahren wird.

Diese wird auf den Merkatorkarten als gerade Linie dargestellt, sie ist jedoch nicht die kürzeste Entfernung zweier Punkte auf einer Kugel.

Wenn ein Schiff konstant auf einem Kompasskurs fährt, bewegt es sich auf einer Kursgleichen – der Loxodromen. Dies ist eine Kurve, die alle Meridiane auf der Erde unter dem gleichen Winkel schneidet.
Für Nord- bzw. Südkurse geht die Loxodrome in einen Meridian über; für Ost- bzw. Westkurse in ein Breitenparallel.
Für alle übrigen Kurse nähert sich die Loxodrome asymptotisch den Polen.

Bei größeren Distanzen, etwa einer Atlantiküberquerung, lohnt es, sich über den kürzesten Weg Gedanken zu machen. Dieser verläuft auf einer Kugel immer auf einem Großkreis durch Abfahrts- und Bestimmungsort.
Großkreise sind Kreise auf der Erdoberfläche, deren Mittelpunkt durch den Erdmittelpunkt gehen. Wir gehen auf Großkreise intensiv in einem anderen Beitrag ein.

Der Navigator nennt diesen Verlauf entlang eines Großkreises Orthodrome (alt- griechisch: richtiger Lauf).

Unter Besteck wird der nach geographischer Breite und Länge bestimmte Schiffsort auf Hoher See verstanden.

Die Bestimmung des Schiffsortes wird auch Besteck nehmen oder Besteck aufmachen genannt und führt zum wahren oder beobachteten Besteck.

Je nach Art der Ortsbestimmung wird unterschieden in

  • das Terrestrische Besteck:
    Ermittlung des Schiffsortes durch Peilung und Abstandsbestimmung von Landmarken oder Seezeichen
  • das Astronomische Besteck:
    Ermittlung des Schiffsortes durch Messung von Gestirnshöhen

Wird ein Schiffsort mittels gesteuertem Kurs und zurückgelegtem Weg seit einem bekannten Ort geschätzt, wird dieser (Koppel-)Ort auch gegißtes Besteck genannt.

Besteckrechnungen dienen der Ermittlung von Distanzen, Kursen oder Koppelorten in der Navigation.

Es werden zwei Aufgabenstellungen der Besteckrechnung unterschieden:

  • Die Erste Aufgabe der Besteckrechnung dient dem Aufmachen des Besteckes, also der Ermittlung eines Koppelortes aus einem Abfahrtsort mit gegebenem Kurs und zurückzulegender Distanz.
  • Die Zweite Aufgabe der Besteckrechnung dient dem Absetzen des Schiffsweges, also der Ermittlung von Kurs und Distanz aus Abfahrts- und Bestimmungsort.

Zur Durchführung der Besteckrechnung stehen zwei Verfahren zur Verfügung:

  • Besteckrechnung nach Mittelbreite (engl.: Mean Latitude)
  • Besteckrechnung nach vergrößerter Breite (engl.: Mercator Sailing)

Das Verfahren der Mittelbreite ist auf niedrigen und mittleren Breiten bei loxodromischen Distanzen bis ca. 600 sm ausreichend genau, wenn der Breitenunterschied dem Betrage nach kleiner als 5° bleibt.

Bei höheren Breiten und bei einem Breitenunterschied größer 5° wird das Verfahren der vergrößerten Breite vorgezogen. Bei Kursen nahe 90° bzw. 270° muss immer nach Mittelbreite gerechnet werden.

In der Vergangenheit wurden dazu Rechnungen mit Hilfe von Logarithmentafeln, sonstigen Rechentafeln und anderen Rechenhilfen gemeistert – glücklicherweise können heute leistungsstarke Taschenrechner oder PCs diese Rechnungen durchführen.

Begriffsbestimmungen

Folgende Begriffe sind in der Besteckrechnung üblich und in der DIN 13312 „Navigation – Begriffe, Abkürzungen, Formelzeichen, graphische Symbole“ definiert:

Abfahrtsort (A)
ist der Ort, von dem aus eine Entfernung bestimmt werden soll.
Wird in Koordinaten φA und λA angegeben.
Bestimmungsort (B)
ist der Zielort, zu dem eine Entfernung bestimmt werden soll.
Wird in Koordinaten φB und λB angegeben.
Koppelort OK
ist der von einem bekannten Ort ausgehende und durch Zeichnung oder Rechnung ermittelte Ort (früher auch: Besteckort) . Wird in Koordinaten φK und λK angegeben.
Breitenunterschied ∆φ
ist die Differenz zweier Orte im Gradmaß
Breitendistanz b
ist die Distanz auf einem Meridian zwischen den Breitenparallelen zweier Orte in Seemeilen.
Längenunterschied ∆λ
ist die Differenz der geographischen Länge zweier Ort gemessen in Graden
Abweitung a
ist die Distanz zweier Meridiane auf einem Breitenparallel in Seemeilen
Äquatormeridiandistanz l
ist die Distanz zwischen zwei Meridianenauf dem Äquator in Seemeilen und somit auch der Winkel zwischen zwei Meridianen auf einem Breitenparallel in Winkelminuten.
Großkreisdistanz dGK
auch orthodromische Distanz – ist die kürzeste Distanz zwischen zwei Punkten auf der Erde.
Loxodromische Distanz dlox
ist die Entfernung zwischen zwei Orten auf einer Loxodromen in Seemeilen
Loxodromischer Kurs αlox
ist der Winkel zwischen rechtweisend Nord und der Loxodrome zwischen A und B