Mitternachtsbreite

Bleiben wir bei der Sonne – und bewegen wir uns in polare Gewässer. Jenseits der Polarkreise wird die Sonne zeitweise zirkumpolar, d.h. sie hat keinen Auf- und Untergang, sondern ist immer sichtbar, hat aber eine obere und untere Kulmination – sie geht durch den oberen und den unteren Meridian.

Während der obere Meridiandurchgang an Mittag stattfindet, ist zum Zeitpunkt des unteren Meridiandurchgangs Mitternacht.
Hier hat die Sonne eine minimale Höhe und wird dann wieder steigen.

Auch dieser Zeitpunkt eignet sich zum Berechnen einer Meridianbreite – hier der Spezialfall der Mitternachtsbreite.

Breite und Deklination sind bei Zirkumpolargestirnen immer gleichnamig
Bedingung für Zirkumpolarsterne: Breite φ + Deklination δ > 90°

Die Mitternachtsbreite im unteren Meridiandurchgang ergibt sich für Nordbreite:

    \begin{equation*} \varphi \ =\ h_u\ +90{}^{\circ}\ -\ \delta \end{equation*}

und für Südbreite:

    \begin{equation*} \varphi \ =\ -(h_u\ +90{}^{\circ}\ +\ \delta ) \end{equation*}

Beispiel:

Sie messen am 10.06.2005 gegen 23.15 ZZ auf \ ca. 77° 30’N und 10° 30′ E (westlich von Spitzbergen) die Sonne im Norden im unteren Meridiandurchgang

Sie lesen am Sextant 10° 30′ ab, Ib = -2′, Ah=2m.

  1. Bestimmung des Kulminationszeitpunktes
    tGreenwich 11.59 UT1 oberer Meridiandurchgang
    + 12.00
    tGreenwich 23.59 UT1 unterer Meridiandurchgang
    λ in Zeit – 0.42
    t 23.17 UT1
  1. Berechnung der beobachteten Höhe hb
    SA 10° 30,0′
    + Ib -2,0′
    KA 10° 28,0′
    + Gb + 8,5′
    + Zb -0,2′
    hb 10° 36,3′
  1. Bestimmung der Deklination
    δ 22° 42,3′ N
  1. Berechnung der Breite nach der Formel

        \begin{equation*} \varphi \ =\ h_u\ +90{}^{\circ}\ -\ \delta \end{equation*}

    hU 10° 36,3′
    + 90° 00,0′
    100° 36,3′ S
    δ 23° 04,5′ (Deklination nördlich)
    φ 77° 31,8′ N