Fehler des Sextanten

Wir unterscheiden zwischen zwei Fehlergruppen:

  • Fehler, die wir mit Bordmitteln weder erkennen – geschweige denn beseitigen können
  • Fehler, die wir mit Bordmitteln erkennen und beheben können

Fehler, die wir mit Bordmitteln weder erkennen noch beseitigen können

Zu der ersten Kategorie gehören Instrumentenfehler wie

  • Exzentrizitätsfehler

  • Teilungsfehler des Zahnsegments

  • Keilfehler der Spiegel

  • Durchbiegung / Verwindung

  • Parallelität der Fernrohrachse zur Segmentebene

Diese Fehler können nur mit speziellen Messeinrichtungen erkannt und nur vom Hersteller (wenn überhaupt) beseitigt werden.

Für diese Instrumentenfehler ist dem Sextanten ein Prüf-Zertifikat des Herstellers beigelegt, in dem Korrekturwerte in Winkelsekunden für die Sextantablesungen aufgeführt sind.

Als Beispiel dient die Korrekturwert-Tabelle meines Freiberger Yachtsextanten

Das bedeutet, dass eine Sextantablesung von beispielsweise 50° 00,0′ um 12“, also 0,2′ korrigiert werden müsste; der richtige Wert wäre 50° 00,2′

Für hochwertige Sextanten kann auch angegeben sein, dass ein Gerät als fehlerfrei zu bezeichnen ist, wobei der Hersteller Cassens & Plath darunter versteht, dass der Instrumentenfehler bei jeder Winkelmessung kleiner als ± 9“ bzw. 0,15′ beträgt.

In der Praxis werden wir diese Instrumentenfehler wegen ihrer geringen Auswirkung nicht berücksichtigen.

Fehler, die wir mit Bordmitteln erkennen und beheben können

Von großer Bedeutung sind dafür die Fehler, die wir mit Bordmitteln erkennen können und zum Teil auch – mehr oder weniger schlecht – beheben können.

Diese Fehler sollten auch vor jeder Messung überprüft werden – diese Überprüfung dauert nur ein paar Sekunden.

Wir betrachten im weiteren:

  • Kippfehler des großen (beweglichen) Spiegels (Indexspiegel)

  • Kippfehler des kleinen (festen) Spiegels (Horizontspiegel)

  • Indexfehler

Kippfehler des Indexspiegels

Der große bewegliche Indexspiegel muss senkrecht auf der Segmentebene des Sextanten stehen.

Steht er nicht senkrecht, werden alle Winkel zu groß abgelesen – mit größer werdendem Winkel wächst auch der Fehler.Diesen Fehler kann man erkennen, wenn wir die Alhidade ungefähr in die Mitte auslenken und den Sextanten horizontal in Augenhöhe betrachten. Der Limbus ist dabei von uns abgewendet und man blickt auf den Gradbogen.

Diesen sieht man entweder direkt aber auch im großen Spiegel gespiegelt. Diese beiden Ansichten müssen ohne Stufe ineinander übergehen.

Erscheint das gespiegelte Bild höher, dann ist der Spiegel nach vorn, im umgekehrten Fall nach hinten geneigt.

Die Neigung kann mit den an der Rückseite des Spiegels gelegenen Justierschrauben eingestellt werden .

Kippfehler des Horizontspiegels

Auch der kleine (feste) Horizontspiegel muss senkrecht zur Segmentebene stehen. Eine geringe Neigung schadet dabei allerdings noch nicht. Ist die Neigung zu groß, werden alle Winkel zu klein gemessen – bei kleinen Winkeln ist der Fehler am größten. Die Senkrechtstellung des Horizontspiegels kann erst erfolgen, wenn der bewegliche Spiegel senkrecht steht.

Man stellt die Alhidade und Trommel auf 0 und visiert die Kimm ein – die Trommel wird so eingestellt, dass beide Bilder eine Linie ergeben (auch wenn dabei ein Indexfehler besteht – s.u.)

Der Sextant wird dann um ca. 30° nach jeder Seite um seine Fernrohrachse geschwenkt – die Kimm darf dabei keine Stufe bekommen. Erscheint das Spiegelbild über der Kimm, dann ist der feste Spiegel dem beweglichen zugeneigt.

Betrachtung beim Halbsichtsextanten:

Betrachtung beim Vollsichtsextanten, bei dem die Kimm bei Kippung doppelt erscheinen wird:

Für Vollsichtsextanten kann auch die Deckprobe durchgeführt werden. Das direkt gesehene und doppelt gespiegelte Bild des zu beobachtenden Gestirns oder eines weit entfernten terrestrischen Objektes werden in Deckung gebracht. Wenn die Bilder der Objekte exakt zu Deckung kommen, liegt kein Kippfehler vor. Sind die Bilder seitlich versetzt, dann liegt ein Kippfehler des Horizontspiegels vor.

 

Die Korrektur dieses Fehlers erfolgt mit der oberen Justierschraube an der Fassung des Horizontspiegels.

Indexfehler

Nach den Justierungen von Index- und Horizontspiegel ergibt sich oft, dass bei der Einstellung der Alhidade auf 0° 00,0′ die beiden Spiegel nicht mehr parallel stehen – es tritt ein Indexfehler auf. Dieser kann theoretisch mit der unteren Justierschraube an der Fassung des Horizontspiegels korrigiert werden – doch Vorsicht; dadurch wird wahrscheinlich die Senkrechtstellung des Spiegels zum negativen beeinflusst.

Man stellt zur Korrektur die Alhidade exakt auf 0° 00,0′ und visiert die Kimm an. Durch Drehen der Justierschraube bringt man beide Teilbilder in eine Linie – und kontrolliert anschließend die Senkrechtstellung des Horizontspiegels.

Wenn der Fehler nicht größer ist als einige Winkelminuten, belassen wir es dabei und berücksichtigen diesen Fehler in den weiteren Rechnungen – er sollte jedoch nicht größer als 5 Winkelminuten sein.

Steht die Alhidade bei der wahren Nullstellung – die Kimm bildet eine Linie – auf dem Hauptbogen; d.h. wir lesen z.B. 0° 03′ ab, so ist der Indexfehler +3′, die Indexberichtigung hingegen negativ (in diesem Beispiel = -3′).

Steht die Alhidade bei der wahren Nullstellung auf dem Vorbogen, so ist der Indexfehler negativ und die Indexberichtigung positiv.

ACHTUNG: Das Referenzobjekt zur Feststellung des Indexfehlers muss einen großen Abstand zum Beobachter haben. Ist der Abstand zu gering (z.B. Hausdach in 50m Entfernung), dann macht sich ein parallaktischer Fehler bemerkbar. Dieser rührt daher, dass der Indexspiegel ca. 7 cm oberhalb der Fernrohrachse sitzt:

Der Messfehler beträgt in diesem Fall \mathit{atan}\left(\frac{0,07m}{50m}\right)\cdot 60'\approx 4,8'.

D.h. der Indexfehler wird um 4,8′ zu gering gemessen. Bei einem tatsächlichen Indexfehler von +2′ (also Ib =-2′) werden

bei einem Abstand von 50m +2 – 4,8 = -2,8′ ermittelt.

Hier eine Tabelle, die den Parallaxfehler in Abhängigkeit der Entfernung darstellt:

Aus dieser Tabelle ist erkennbar, dass die Indexfehlerbestimmung mit der Kimm für eine Augeshöhe von 2m (=5.370 m) bereits einen parallaktischen Fehler von 0,04′ hervorbringt.

Eine alternative Möglichkeit (ohne Kimm) zur Bestimmung des Indexfehlers

Messe die Sonne:

Setze abwechselnd den Unterrand des Sonnenspiegelbilds auf den Oberrand des Abbilds der Sonne und anschließend den Oberrand des Spiegelbilds auf den Unterrand der Sonne und lese den Winkel des Vorbogens bzw. des Hauptbogens am Nonius ab.

Addiere die am Hauptbogen und Vorbogen gemessenen Werte und erhalte den doppelten Sonnendurchmesser.

Hier:

0° 30,0′ (Hauptbogen) + 0° 34,5′ (Vorbogen) = 64,5′

Der gemessene Sonnendurchmesser beträgt 32,25′, auf dem Hauptbogen haben wir aber nur 30,0′ gemessen.

Wir hätten unsere Messung also (gerundet) um 2,3′ verbessern müssen, um den korrekten Wert zu erhalten, der Ib beträgt +2,3′.

Der Vorteil dieser Methode ist der, dass wir die Güte der Messung mit Hilfe des nautischen Jahrbuches kontrollieren können. Dort ist für jeden Tag der Sonnenradius angegeben.

Nehmen wir an, wir hätten diese Messung am 19.03.2005 vorgenommen, dann können wir aus dem N.J. Einen Sonnenradius von 16,1′ entnehmen. Der Durchmesser wäre dann 32,2′, wir haben 32,25′ gemessen, die Messung war also sehr gut.

Bei der Messung besteht die Gefahr, dass Oberrand und Unterrand nicht scharf aufeinander gesetzt werden, was hier gut kontrolliert werden kann.