Die Betrachtungen der Koordinatensysteme bringen uns unserem Ziel der Positionsbestimmung noch nicht sehr nahe.
Wir haben zwar drei verschiedene Koordinatensysteme kennen gelernt, doch wie können wir daraus Rückschlüsse auf unsere Position erhalten?
Wir müssen die Koordinatensysteme in Einklang bringen und die dort vorkommenden Größen beschreiben.
- Wir können mit dem Sextanten den Winkel zwischen Gestirn und Kimm messen und daraus mit der Höhenbeschickung die wahre Höhe des Gestirns ermitteln.
- Weiterhin können wir unter Kenntnis der genauen Uhrzeit aus dem nautischen Jahrbuch die Werte für den Greenwicher Stundenwinkel Grt und Deklination ablesen.
- Weitere Koordinaten sind die Breite und die Länge des Schiffsortes.
Breite und Länge sind ja eigentlich gar nicht bekannt und die gesuchten Größen. Wir werden aber sehen, dass es zweckmäßig sein wird, Länge und Breitengrad zu schätzen und als Ergebnis der astronavigatorischen Aufgabe die Richtung und Distanz zu diesem angenommenen Ort zu ermitteln. (Höhendifferenzverfahren)
Unter der Tatsache, dass die Lage des Himmelsnordpols auch bekannt ist, kann man die genannten Größen auf der Himmelskugel und der Erdkugel einzeichnen und erhält zwei sphärische Dreiecke:
Auf der Himmelskugel gebildet durch:
- Zenit
- Himmelsnordpol
- Gestirn
Auf der Erde gebildet durch:
- Standort
- Nordpol bzw. Südpol
- Bildpunkt des Gestirns
Da bei sphärischen Dreiecken nur Winkel betrachtet werden, können die Dreiecke als gleich angesehen werden.
Eine Betrachtung der Seiten und Winkel in Bezug auf die zuvor diskutierten Koordinatensysteme ergibt:
1. Koordinatensystem der Erde
Die Seite a ist die Differenz 90° – geographische Breite und wird auch „Breitenkomplement“ bezeichnet
= 90° −
Der Winkel γ bezeichnet den halbkreisigen Ortsstundenwinkel tE bzw. tW .
Den vollkreisigen Ortsstundenwinkel t erhalten wir nach t = tW bzw. t = 360 − tE je nachdem wie Standort und Bildpunkt zu einander liegen.
2. Koordinatensystem des Himmels
Die Seite b ist die Differenz 90° – Deklination und wird auch als „Poldistanz“ bezeichnet.
b = 90° − δ
3. Koordinatensystem des Wahren Horizonts
Die Seite c ist die Differenz 90° – Wahre Höhe und wird auch „Zenitdistanz“ bezeichnet.
c = 90° − h
Der Winkel β bezeichnet den Winkel zwischen Gestirn und Nordpol – also das Azimut
Dieses sphärische Dreieck lässt sich nun mathematisch beschreiben.
Unter Anwendung der Kosinus-Seitensatzen erhalten wir:
Wenn hier die oben angeführten Zusammenhänge eingefügt werden, lassen sich die Formeln so umformen, dass die Höhe h und das Azimut Az (bzw. quadrantal Z) berechnet werden können:
und als Zeitazimut, wenn die Zeit und somit der Ortsstundenwinkel t bekannt sind
oder als Höhenazimut, wenn die Höhe bereits bekannt ist
oder als Zeit-Höhenazimut, wenn die Höhe und Zeit bekannt sind
Wir arbeiten in der Astronavigation überwiegend mit dem Zeitazimut.
Um vom quadrantalen Z zum vollkreidigen Azimut Az zu kommen, müssen noch weitere Regeln angewendet werden:
Die arctan-Funktion ergibt nur Werte zwischen -90° und +90°.
Folgende Regeln sind anzuwenden:
- Ist das Azimut negativ, so sind zu Z 180° zu addieren
- Ist der Ortsstundenwinkel kleiner als 180°, so sind zu Z weitere 180° zu addieren.
Eine alternative Schreibweise, die in Formelsammlungen zu finden ist, meines Erachtens aber nicht auf den ersten Blick selbsterklärend ist:
- t > 180°: 0° ≤ Az ≤ 180°
- t < 180°: 180° ≤ Az ≤ 360°