Für Gestirne, die nahezu im Osten oder Westen stehen – man sagt auch, diese Gestirne stehen im „Ersten Vertikal“ -, kann die Länge auch über die Messung der Höhe ermittelt werden.
Das Verfahren basiert aus der genauen Zeitnahme – daher auch sein Name – und daraus die Ermittlung des Greenwichen Stundenwinkels sowie der Deklination δ. Aus der beobachteten Höhe wird der Ortsstundenwinkel berechnet. Dazu wird aus dem Sphärisch-astronomischen Grunddreieck folgende Formel hergeleitet:
oder bei logarithmischer Berechnung
mit z0 = |φ – δ|
Aus der wahren Höhe h, der Breite φ sowie der Deklination δ lässt sich der halbkreisige Ortsstundenwinkel ermitteln.
- Die wahre Höhe h entspricht der beobachteten Höhe hB, also Sextantablesung mit den üblichen Korrekturen.
- Die Breite ist die gegißte bzw. gekoppelte Breite φK
- Die Deklination δ kann für den Beobachtungszeitpunkt aus dem Nautischen Jahrbuch abgelesen werden.
Die Chronometerlänge λCH ergibt sich dann aus Vergleich des beobachteten Ortsstundenwinkel nach oben angeführter Formel sowie des Greenwichen Stundenwinkels aus dem Nautischen Jahrbuch für den Beobachtungszeitpunkt:
Aus Grt + λ = t wird:
Wenn die Chronometerlängenbestimmung für Gestirne durchgeführt, die exakt im Ersten Vertikal stehen, die also genau östlich (Az=090°) oder genau westlich (Az=270°) peilen, dann kann aus der oben angestellten Überlegung direkt die Standlinie als Meridian eingezeichnet werden.
Da die Messung aber in der Regel mit Gestirnen durchgeführt wird, die nahezu im Ersten Vertikal stehen (z.B. 080° bis 100° bzw. 260° bis 280°), muss die Standlinie anders konstruiert werden.
Die Standlinie wird in jedem Fall senkrecht zum Azimut des Gestirns verlaufen; dieses muss also zunächst ermittelt werden.
Aus der wahren Höhe h, der Breite sowie der Deklination
lässt sich auch nach der Höhenazimutformel das Azimut berechnen:
Alternativ kann auch die Formel für das Zeitazimut angewendet werden, wenn anstatt der wahren Höhe der Ortsstundenwinkel t eingesetzt wird:
In den Leitpunkt, der aus der Koppelbreite φK und der Chronometerlänge λCH gebildet wird, wird nun der Azimutstrahl angetragen und senkrecht dazu – durch den Leitpunkt – die Standlinie gezeichnet.
Beispiel
Am 15.06.2005 wird auf dem Koppelort φK=42° 56′ N, λK=023° 45′ W um 18.15.12 UT1 der Sonnenunterrand im Westen am Sextanten mit 30° 02′ gemessen. Ah=2m, Ib=0′
Die Standlinie ist nach dem Chronometerlängenverfahren zu konstruieren.
- Bestimmung von Grt und Deklination δ
Grt18.00.00 89° 52,0′ + Zuwachs 3° 48,0′ Grt18.15.12 93° 40,0′ δ = 23° 20,1′ N
- Berechnung der beobachteten Höhe hb aus der Sextantablesung SA
SA 30° 02,0′ + Ib 0,0′ KA 30° 02,0′ + Gb/Zb + 11,7′ hb 30° 13,7′
- Berechnung des Ortsstundenwinkels
Sonne steht im Westen, also ist Orststundenwinkel t = tW = 69° 40′
- Bestimmung der Chronometerlänge λCH
Es gilt λ = t – Grt (s.o.)t 069° 40,0′ – Grt 093° 40,0′ λ (-) 024° 00,0′ W
- Berechnung des Azimut
Z = 85,17° ≈ 85°Anwenden der Quadrantenregeln für das Höhenazimut:
- Ist der Ortsstundenwinkel kleiner als 180°, so ist das Azimut Az = 360° – Z
- Az = 360° – Z = 275°
Standlinie:

Fehlerbetrachtung
- Jeder Fehler in der Zeitbestimmung von UT1 geht im vollen Umfang in die Ungenauigkeit der Längenbestimmung ein.Wird die Zeit um 1s falsch bestimmt, so ist der ermittelte Längengrad um 0,25′ falsch.
- jeder Fehler in der Höhenbestimmung geht mindestens in seiner vollen Höhe in die Bestimmung des Ortsstundenwinkels ein:
Der Fehler wird umso größer, je mehr sich das Gestirn aus West bzw. Ostrichtung entfernt;
er wird ebenso mit wachsender Breite größer.
- Ist die Koppelbreite falsch, so hat das auch Einfluss auf die Längenbestimmung.Für Gestirne, die genau im Westen oder Osten stehen; die sich also genau auf dem Ersten Vertikal befinden, hat ein Fehler in der Breite keinen Einfluss auf die Längenbestimmung.Der Fehler wird aber umso größer, je mehr sich das Gestirn aus West bzw. Ostrichtung entfernt; er wird ebenso mit wachsender Breite größer.
Beispiel:
Im oben angeführten Beispiel für die Bestimmung nach Chronometerlänge erhält man anschließend aus einer Beobachtung eines Gestirns im Meridian den Breitengrad
φb= 43° 08′ N. Der korrigierte Längengrad ist zu bestimmen:
φb | 43° 08,0′ | N | |
– | φk | 42° 56,0′ | N |
Δ φ | 12,0′ |
λCH | 24° 00,0′ | W | |
+ | Δ λ | 1,4′ | E |
λCH | 23° 58,6′ | W |
Anwendung des Verfahrens
Heute spielt dieses Verfahren keine Rolle mehr, da die gleiche Standlinie auch aus dem Höhendifferenzverfahren ermittelt werden kann. Das Höhendifferenzverfahren hat sich durchgesetzt, da es vielseitiger ist und nicht nur für Gestirne im Ersten Vertikal anwendbar ist.
Zu den Zeiten, in denen die Berechnungen des Höhendifferenzverfahrens nur mühsam mittels Semiversus-Tabellen durchgeführt werden konnte, hat man sich der logarithmischen Berechnung oder spezieller Tafeln bedient, aus denen der Ortsstundenwinkel aus Breite, Deklination und Höhe entnommen werden konnte. (z.B. „Chronometer Tables or Hour Angles“ von P.L.H. Davis und andere)
Diese Tabellen sind heute alle nicht mehr verfügbar und werden auch nicht mehr neu aufgelegt.
Das Azimut wurde aus den ABC-Tafeln ermittelt, ebenso die Korrektur bei Breitenunterschieden. Der französische Seeoffizier Pagel hat dazu eine Berichtigungsmethode entwickelt, aus der die Richtung der Korrektur ermittelt werden kann („Berichtigung nach Pagel“).
Die Chronometerlänge wurde dann gemeinsam mit Mittagsbreite verwendet, um das Mittagsbesteck zu erhalten.